Kolumne

Seit Oktober 2019 schreibe ich in der Perger Tips im zwei-wöchigen Rhythmus eine Kolumne über Erziehungstipps. Die aktuellsten Artikel finden Sie unterhalb und alle bisher erschienen Artikel im Archiv.

  • Brauchst nicht weinen
    Kinder haben die tolle Eigenschaft, dass sie ihre Emotionen meist noch sehr ungefiltert zeigen.  Wenn sie wütend sind, sind so wütend, dass man es hört oder sieht. Wenn sie traurig sind, zeigen sie ihre Traurigkeit, wenn sie fröhlich sind, sieht man es nicht nur in ihrer Mimik, sondern auch in ihrer gesamten Körperhaltung. Leider beobachte ich oft, dass vielen Kindern ihre Emotionen ausgeredet werden bzw. Eltern oder andere Bezugspersonen den emotionalen Ausdruck persönlich nehmen. Dabei ist zu bedenken, dass kein Kind uns mit ihren Emotionen beleidigen oder provozieren möchte. Sie wollen uns an ihrer Innenwelt teilhaben lassen. Kinder wollen wahrgenommen werden. Sie wollen mit uns Erwachsenen verbunden sein. Wenn versucht wird ihnen die Emotion auszureden, dann besteht die Gefahr, dass diese Verbindung getrennt wird. „Du brauchts nicht weinen!“, ist ein zwar oft unterstützend gemeinter Vorschlag, allerdings bringt dieser dem Kind oft sehr wenig. Es fühlt sich durch diesen viel mehr nicht verstanden und allein gelassen. „Wie kann ich dir helfen?“, wäre eine hilfreichere Reaktion. Sie wirkt unterstützend und verbindend. Das stärkt die Kinder in ihrer psychischen Entwicklung. Äußert das Kind Emotionen, hilft es ihm bei der Verarbeitung dieser, wenn es von der Bezugsperson anerkannt wird. „Du hast vor dem 1. Schultag richtig Angst!“, hilft meist besser als: „Brauchst nicht weinen!“ „Ich kann mir vorstellen, dass du aufgeregt bist!“, ist hilfreicher als: „Stell´ dich nicht so an!“ „Was brauchst du, dass der 1. Schultag für die gut wird?“, ist ein Satz, der bei vielen Kindern schon Wunder bewirkt hat.
  • Pubertät ist Erntezeit
    Die Pubertät unserer Kinder kann ganz schön fordernd sein. Sie verhalten sich uns gegenüber oft aufmüpfig, unkooperativ und verschlossen. Manchmal wirken sie undankbar und es tauchen schnell Zweifel auf, ob man alles richtig gemacht hat. Und dennoch kann die Zeit der Pubertät eine sehr Bereichernde sein. In erste Linie, weil wir als Eltern „ernten“ können. Wir können uns darüber freuen, wie sich unser Kind entwickelt hat, welche Persönlichkeit heranreift. Es gibt an jedem Verhalten etwas Positives zu finden. Statt: „Das Kind ist uneinsichtig!“ könnte ich: „Es weiß, was es will und kann sich durchsetzen!“ verstehen und so herausforderndem Verhalten entspannter begegnen. Pubertät ist Erntezeit auch im Sinne von Loslassen gewisser Regeln oder Unterstützungen. Brauchte das Kind bis vor kurzem noch Hilfestellungen und Begleitung von uns, z.B. bei der Fahrt mit dem öffentlichen Verkehr oder beim Lernen, schafft es ab einem gewissen Alter, idealerweise, schon vieles allein. Pubertät ist jene Zeit, sich gelassen zurück zu lehnen und zu versuchen, das Kind ganzheitlich wahrzunehmen. Nicht nur das uneinsichtige Wesen, dass uns Eltern in Frage stellt, sondern auch als jungen Menschen, der seinen eigenen Weg finden wird. Es ist jene Zeit sich in Gelassenheit und Vertrauen zu üben und immer wieder, jeden Tag zu versuchen aufs Neue anzufangen, nicht nachtragend zu sein und unbedingt im Gespräch zu bleiben. Pubertät ist Erntezeit, um stolz auf sein Kind zu sein, auch wenn es sich nicht immer so verhält wie wir es gerne möchten und eigene Wege geht. 
  • Achtsames Erziehen
    Wie wir unsere Kinder erziehen, beeinflusst ihre Entwicklung essenziell. Oft passiert die Erziehung nebenbei, sie funktioniert einfach oder manchmal vielleicht auch nicht. Sollte so einer wichtigen Aufgabe, wie die der Kindererziehung, nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden? Wie möchte ich meine Kinder erziehen? Welche Werte möchte ich vermitteln? Ich lade alle Leser*innen ein sich bewusst Gedanken darüber zu machen. Oft ist ein Austausch mit der Partner*in hilfreich. Eine Möglichkeit ist auch,  in die eigene Kindheit zurückzublicken. Was haben denn die eigenen Eltern gut gemacht? Was möchte ich übernehmen? Was möchte ich nicht wiederholen? Diese Reflexionszeit kann einen wesentlichen Beitrag zur Orientierung in der Erziehung sein. Achtsames Erziehen bedeutet jedoch auch das eigene Erzieherverhalten kritisch und auch konstruktiv zu hinterfragen. Wie setze ich meine Werte um? Wie kindorientiert ist mein Erziehungsstil? Wie verständnisvoll? Dazu fällt mir ein Spruch von dem Familientherapeuten Jesper Juul ein: „Die wahre Qualität einer Erziehung bemisst sich daran, wie die Eltern reagieren, wenn ihre Kinder die vereinbarten Regeln nicht einhalten.“ Es ist nicht immer ausschlaggebend welche Regeln wir aufstellen und ob diese eingehalten werden. Es kommt auf die Reaktionen der Eltern an, wenn ihre Regeln nicht eingehalten werden. Durch dieses Verhalten leben sie Werte vor. (z.B. wie mit Fehlern umgegangen wird.) Diese Vorbildwirkung ist entscheidend für die Wertvermittlung. Achtsame Erziehung bedeutet also ein bewusster Umgang mit den eigenen Reaktionen und Wertevorstellungen sowie regelmäßiger Reflexion darüber.

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